Konkurrenzklauseln im Recruitment-Umfeld – Fluch oder Segen?

Natürlich werde ich in meinem Daily Business immer wieder mit der Thematik der Konkurrenzklausel in den verschiedenen Verträgen meiner Kandidaten und Kunden konfrontiert und um Rat gefragt.

Ich stelle fest, dass sich nur wenige Personen mit diesem Thema befasst haben und / oder sich gut auskennen. In den meisten Fällen schaut man sich das erst dann an, wenn man einen Wechsel innerhalb der Branche anstreben will. Aber dann ist das meistens zu spät, denn man sollte sich tatsächlich VOR Vertragsunterzeichnung damit befassen und sich Gedanken dazu machen was das für die Zukunft bedeutet.

Die Idee hinter einer Konkurrenzklausel in einem Arbeitsvertrag mit einem Mitarbeiter ist natürlich, diesen davon abzuhalten, zu einem späteren Zeitpunkt kurzfristig zu einem Mitbewerber zu wechseln oder sich selbstständig zu machen und dadurch eine erhebliche Schädigung durch die Tätigkeit mit gleichen Produkten/Dienstleistungen mit der gleichen Käuferschaft zu erwarten ist. Man befürchtet den Verlust von Kunden und / oder Kandidaten und dieser ist natürlich begründet. Menschen kaufen von Menschen und es gibt nicht wenige Beispiele, dass dies so ist, auch in der Recruitment-Branche hierzulande.

Die meisten Konkurrenzklauseln, die ich zu Gesicht bekomme, sind (leider) völlig übertrieben.

Darin steht dann klassischerweise, dass es dem Mitabeiter / der Mitarbeiterin untersagt ist,

  • 12 Monate nach Beendigung des Vertrages,

  • sich einem anderen Unternehmen im Personaldienstleistungsumfeld anzuschliessen (egal in welchem Bereich) oder

  • sich selbstständig zu machen in dem Umfeld und

  • dies in der gesamten Schweiz.

  • Und wer dagegen verstösst muss seinen neuen Job aufgeben und bis zu einem Jahressalär als Strafe zahlen.

Solche Klauseln kommen schon fast einem Arbeitsverbot gleich (abhängig davon, was man vor der Tätigkeit bei diesem Unternehmen (z.B. Personaldienstleister) gemacht hat und wie lange man dort tätig war) und sind in der Form nur kaum gültig oder anwendbar.

Doch man lässt sich durch solche Klauseln natürlich abschrecken, was ich nachvollziehen kann. Allerdings sollte man auch wissen, dass man bei einem solchen Streitfall gute Chancen hat, dass die Bedingungen deutlich runtergestuft werden oder sogar ganz “verschwinden”. Man sollte ja schliesslich durch eine Konkurrenzklausel nicht erreichen, dass der- oder diejenige anschliessend keinen Job mehr findet oder was ganz anderes machen müsste, nur um nicht gegen die Klausel zu verstossen.

Und es liegt ja schliesslich auch nicht im Interesse des Staates “unnötig” lange Arbeitslosengeld bezahlen zu müssen.

Es sollte doch das Ziel sein, VOR Vertragsunterschrift die Situation zu schaffen, dass man hinsichtlich solcher Klauseln mit dem neuen Arbeitgeber verhandeln kann. Auch wenn die Position noch so toll ist und gute Perspektiven geboten werden, weiss man nie, was die Zukunft bringt. Es kann immer sein, dass sich etwas ändert und man dann nicht mehr happy ist und sich verändern möchte.

Wenn man nun in dieser Situation ist, dass eine “harte” Konkurrenzklausel im eigenen Vertrag steht, man aber gerne wechseln möchte (aus welchem Grund auch immer), kann man entweder das Risiko eingehen “verklagt” zu werden (viele Unternehmen bluffen auch nur…) oder man kann das Gespräch mit seinem Vorgesetzten suchen, um die Angelegenheit zu besprechen (was ich definitiv empfehle…)

Ihr wärt überrascht, wie gut man mit Personen sprechen kann, wenn man sich richtig erklärt, ehrlich wiedergibt, worum es geht und dass man eine gute Lösung für alle Beteiligten finden will.

Leider gibt es natürlich auch Vorgesetzte oder Unternehmen, die nicht auf solche Gespräche eingehen. Aber auch dann wird es früher oder später zur Trennung kommen. Sei es, dass man mit der Performance des Mitarbeiters nicht mehr zufrieden ist (im Falle einer Kündigung seitens Arbeitgeber greift die Konkurrenzklausel übrigens NICHT, siehe OR 340c Abs. 2) oder der Mitarbeiter das Unternehmen trotzdem verlässt und das Risiko “eingeht”, einen “Deal” mit dem neuen Arbeitgeber vereinbart oder sich schlussendlich doch andersweitig orientiert (wenn auch nur für eine gewisse Zeit).

Ein Unternehmen muss sich fragen, ob es sich wirklich lohnt oder einen Unterschied ausmacht, ob der / die Mitarbeiter/-in gleich nach der Kündigungsfrist bei einem Mitbewerber anfängt oder
z.B. erst 6 Monate später.

Festzustellen was für einen Unterschied es macht, wenn man mit einem Mitarbeiter eine gute Lösung für beide Parteien findet, ist definitiv lohnenswert.

Sich in die Augen zu schauen, ehrlich und transparent zu sein, bringt jeden –  nicht nur in solchen Situation – meistens weiter als man im Vorfeld denkt.

Ich habe durch solche Vereinbarungen in der Vergangenheit mehr gewonnen als verloren und konnte plötzlich auf neue Partner setzen und von einer neuen Zusammenarbeit profitieren.

Die Herangehensweise eines Unternehmens könnte es aber doch auch sein, den Spiess umzudrehen und die Situation aus einer anderen Perspektive zu sehen.

Heisst eine valable und der Position entsprechende, unmissverständliche Konkurrenzklausel zu definieren. Und sich zudem zu fragen: Was muss ich als Unternehmen / Vorgesetzter tun, damit die Mitarbeiter langfristig motiviert sind, gut verdienen, Weiterentwicklungsmöglichkeiten haben, sich wertgeschätzt fühlen und von sonstigen Benefits profitieren können?

Sind nämlich alle diese Dinge erfüllt, gibt es für einen Mitarbeiter bzw. für eine Mitarbeiterin eigentlich keinen Grund zu gehen und wenn möglich sogar zu einem Konkurrenzunternehmen zu wechseln.

Richard Branson sagte einst: “Train people well enough so they can leave, treat them well enough so they don’t want to.” – das ist genau der richtige Ansatz!

Gerne helfen wir auch Ihnen mit unser Erfahrung in Ihrer Situation eine gute Lösung für alle zu finden. Zudem sind wir in Kontakt mit guten Anwälten, die weitere Auskünfte zu diesem Thema geben könnten.

Michael Wanner